Die Gesprächssituation
Damit die Kommunikation zwischen Studierenden und BetreuerInnen gelingen kann, braucht es eine gemeinsame Sprache. Studierende müssen neben fachlichen Inhalten u.a. den akademischen und disziplinären Sprachgebrauch lernen. Dieser betrifft auch das Sprechen und Schreiben über akademische Handlungen, z.B. über das Erstellen von schriftlichen Arbeiten.
In der Betreuungssituation ist es daher besonders wichtig sicherzugehen, dass die Studierenden die verwendeten Begriffe korrekt und im akademischen bzw. disziplinären Sinn (im Gegensatz zum Alltagsverständnis) verstehen und verwenden. Zum Beispiel hat das Wort „theoretisch“ im Alltagsverständnis eine andere Bedeutung als im wissenschaftlichen Kontext, und das Verb „analysieren“ impliziert je nach Disziplin unterschiedliche Handlungen.
Um Missverständnissen vorzubeugen, empfiehlt es sich sicherzustellen, dass ein gemeinsames Verständnis gegeben ist oder im Zweifel das Gemeinte zu erklären und Implizites explizit zu machen. Eine weitere Technik, um die Kongruenz des Verständnisses zu überprüfen, besteht darin, eine Äußerung des/der Studierenden zu paraphrasieren und zu fragen, ob dies auch so gemeint war.[1]
Tipps zur Sprachverwendung in der Betreuungssituation:[2]
- Präzision: Präzise, enge Bezeichnungen sind besser als allgemeine (z.B. wenn von einem Zeitschriftenartikel oder einer Monographie die Rede ist, verwendet man besser diese Bezeichnungen anstatt z.B. die allgemeinere Bezeichnung „Text“).
- Unterscheidbarkeit und Konsistenz: Es hilft den Studierenden bei der Orientierung, wenn Sie in der Betreuung eindeutig abgegrenzte Begriffe verwenden und diese über den Prozess hinweg beibehalten. Mit dem Wort „Thema“ kann man z.B. einen größeren Themenbereich meinen, den Inhalt einer Arbeit oder, enger gefasst, sogar die Fragestellung. Klären Sie am besten zu Beginn, was genau Sie unter einem verwendeten Begriff verstehen und variieren Sie diese Bedeutung nicht. Sie können den Studierenden auch ein Merkblatt oder Glossar (auf Papier oder Moodle) zur Verfügung stellen, was für Sie langfristig eine Arbeitserleichterung sein kann.
- Praxisnähe und Anschaulichkeit: Je näher verwendete Begriffe an der Lebensrealität der Studierenden sind, umso eher können sie etwas damit anfangen, gerade wenn ihnen die disziplinäre Fachsprache noch nicht geläufig ist. Gleichzeitig können Sie als BetreuerIn über die verwendeten Begriffe Erwartungen und Annahmen bezüglich des Arbeitsprozesses beeinflussen.
- Beispiel „Reise“: Während Studierende vielleicht (noch) keine realistische Vorstellung vom Prozess der Erstellung einer schriftlichen Arbeit haben und die Komplexität der verschiedenen notwendigen Handlungen unterschätzen, sind ihnen die Implikationen einer Reise bekannt. Für eine Reise gibt es üblicherweise einen Plan, sie hat unterschiedliche Etappen, und man weiß zuvor noch nicht, was man alles entdecken wird. Mit dieser Metapher betonen Sie auch den Prozesscharakter des Schreibprojektes.
- Beispiel „Forschungsfrage“: Kleine Formulierungsdetails können große Auswirkungen auf Erwartungen und Haltungen von Studierenden haben. Die gern verwendete Formulierung „eine Forschungsfrage finden“ kann z.B. zu der Vorstellung verleiten, dass diese Frage bereits existiere und die Aufgabe für die Studierenden lediglich darin bestehe, sie zu suchen und aufzustöbern. Eine Frage entwickeln, sie erarbeiten oder aus der Literatur ableiten, kommuniziert jedoch deutlicher, dass dies eine anspruchsvolle Tätigkeit ist, die entsprechenden intellektuellen Einsatz erfordert.
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Quellen
[1] Huemer, Birgit, und Markus Rheindorf. Das Betreuungsgespräch. Luxembourg: University of Luxembourg, 2014. S. 9ff. http://orbilu.uni.lu/handle/10993/19557 [05.11.2019]
[2] Huemer und Rheindorf, Das Betreuungsgespräch. S. 12f. http://orbilu.uni.lu/handle/10993/19557 [05.11.2019]
Empfohlene Zitierweise
Louis, Barbara: Betreuen schriftlicher Arbeiten (2). Die Gesprächssituation. Infopool besser lehren. Center for Teaching and Learning, Universität Wien, November 2019. [https://infopool.univie.ac.at/startseite/lehren-betreuen/betreuen-schriftlicher-arbeiten/2-die-gespraechssituation/]
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