Naturwissenschaftliche Laborpraktika leiten und betreuen (2)

Sonja Buchberger

September 2019

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Während der Praktikumseinheit

1. Beginn der Einheit

  • Kompakte, gut strukturierte Einleitung: Stellen Sie zu Beginn kurz und strukturiert vor, worum es in der bevorstehenden Einheit geht (Fragestellungen und zu überprüfende Hypothesen, Versuche, Lehr-/Lernziele). Achten Sie dabei darauf, nicht zu sehr ins Detail zu gehen, weil das nicht zur eigenständigen Versuchsvorbereitung der Studierenden beiträgt. Konzentrieren Sie sich eher darauf, Bezüge zwischen den anstehenden Experimenten und der Vorlesung oder den bisherigen Praktikumseinheiten zu verdeutlichen. Für Ihre kompakte Einleitung sind Visualisierungen oder das Notieren zentraler Formeln oder Schlüsselinformationen an der Tafel hilfreich. Sie können auch die Studierenden bitten, ihr Verständnis der Theoriebezüge auszuführen. Voraussetzung dafür ist eine angstfreie Arbeitsatmosphäre, die für Studierende glaubhaft macht, dass es nicht darum geht, sie bloßzustellen.
  • Praktische Demonstration: Führen Sie ausgewählte Arbeitsschritte vor oder zeigen Sie, wie ein bestimmtes Gerät zu verwenden ist. Achten Sie dabei darauf, dass alle Studierenden gut sehen können. Wenn in Ihrer Demonstration ein Fehler passiert, nutzen Sie ihn als Chance, mit Studierenden zu thematisieren, wie es dazu kommen kann – und wie man im Anschluss vorgeht.
  • Sicherheitstest: Häufig sind Sicherheitstests ein Teil der Einstiegsphase, um zu überprüfen, ob Studierenden die relevanten Sicherheitsfragen der Versuche klar sind.

Hinweis:

Die Ausführungen in diesem Eintrag gehen großteils davon aus, dass alle Studierenden bzw. Kleingruppen in einer Einheit dieselben Experimente durchführen. Natürlich gibt es jedoch Praktika, in denen Studierende zum selben Zeitpunkt an unterschiedlichen Versuchen arbeiten und Experimente im Praktikumsverlauf rotieren. Die ausgeführten Punkte (praktische Demonstration, Sicherheitstest etc.) sind hier ebenfalls relevant, finden jedoch zu Praktikumsbeginn statt oder werden versuchsspezifisch mit einzelnen Gruppen durchgeführt.

2. Versuchsdurchführung

Herumgehen im Labor: Während die Studierenden ihre Versuche durchführen, gehen Sie im Labor von Gruppe zu Gruppe, sodass Sie von Studierenden leicht angesprochen werden können. Fragen Sie im Laufe einer Einheit bei jeder Gruppe zumindest einmal nach, wie sie vorankommt („Wie tun Sie sich? Bei welchem Schritt sind Sie gerade?“). Es ist wichtig, dass Sie auch Gruppen beachten, die sich nicht von selbst bei Ihnen melden. Ihre genaue Vorgangsweise wird einerseits von Ihren Zielsetzungen abhängen (Wie sehr geht es Ihnen um eigenständiges Arbeiten? Welche Unterstützung benötigen unterschiedliche Studierende dafür?), andererseits von den verfügbaren Ressourcen und Rahmenbedingungen (Gruppengröße, Anzahl der Mitanbieter/innen und Tutor/innen).

Zeitmanagement: Das Einschätzen, wie lange welcher Teil des Experiments dauert, ist Teil des Lernprozesses. Setzen Sie daher klare Zeitvorgaben für Einzelschritte und informieren Sie alle Studierenden, wenn sie zu einem bestimmten Zeitpunkt spätestens mit einem nächsten Arbeitsschritt starten sollten. Verschaffen Sie sich immer wieder einen Überblick, ob bestimmte Gruppen in ihrem Versuch hinterherhinken, um rechtzeitig eingreifen zu können.

Hinweis zur Anzahl der Experimente pro Einheit:

Falls Sie feststellen, dass viele Studierende Schwierigkeiten mit Ihren Zeitvorgaben haben, erkennen Sie darin eine möglicherweise wertvolle Rückmeldung auf Ihre Lehrgestaltung. In einigen Fällen ist es für den Lernprozess zielführender, wenn Sie die Zahl der Experimente bewusst reduzieren.

Erklärungen für alle Studierenden: Wenn zwei oder mehr Kleingruppen dieselbe Frage zu einem Versuch stellen, unterbrechen Sie die Gruppenarbeit, um diesen Punkt allen zu erklären. Mit einiger Wahrscheinlichkeit tun sich auch andere Personen damit schwer.

Kommunikation: Gerade auf der subtilen Ebene der Kommunikation zwischen Lehrenden und Studierenden liegt großes Lernpotenzial für die Studierenden. Die Art, wie Sie Fragen formulieren oder auf studentische Fragen reagieren, kann vertieftes Verständnis anregen (s. Lernen anregen: Worauf kommt es an?). Auch Ihr ständiges Feedback auf das praktische Arbeiten der Studierenden gibt wichtige Orientierung in der Entwicklung experimenteller Kompetenzen. Achten Sie darauf, dass Sie regelmäßig auf Sauberkeit im Arbeitsablauf und korrekte Müllentsorgung hinweisen und auf mögliches Nicht-Einhalten von Sicherheitsvorschriften konsequent reagieren. Einige Lehrende schätzen an ihren Laborpraktika gerade die Gespräche mit Studierenden, die sich bei kleineren Gruppen im informellen, weniger strukturierten Arbeitsklima entwickeln können. Für die fachliche Sozialisierung von Studierenden kann informeller Austausch über Ihre aktuelle Forschungstätigkeit, Fragen von Forschungsethik oder weitere Entwicklungen im Fachbereich sehr förderlich sein.[1]

Umsetzungsvarianten speziell für größere Gruppen:

  • Wenn Sie befürchten, dass nicht alle Studierenden Ihre praktischen Demonstrationen sehen können, besteht die Möglichkeit, dass sie ein einfaches Lehrvideo drehen, das alle als Vorbereitung auf die Praktikumseinheit ansehen. Ein Video eignet sich insbesondere für stabile Inhalte und Grundlagen (z.B. Einführung ins Mikroskopieren), sodass sie es über mehrere Jahre hinweg einsetzen können.
  • Sie erklären einer Kleingruppe einen Arbeitsschritt oder zeigen ihn vor. Danach bitten Sie die Gruppe ihr Wissen an andere Studierende weiterzugeben.
  • Wenn es mehrere Mitanbieter/innen gibt, teilen Sie die Studierenden untereinander auf. Danach wechseln die Kleingruppen, damit die Studierenden von unterschiedlichen Lehrenden und Erklärvarianten profitieren.
  • Eine andere Möglichkeit bei mehreren Mitanbieter/innen ist, die Versuche/Aufgaben unter den Lehrenden aufzuteilen. Eine Person erklärt beispielsweise die Verwendung eines Geräts, während eine andere bei der Datenverarbeitungssoftware unterstützt.

3. Abschluss der Einheit

Am Ende einer Einheit ist es wichtig, dass Sie nach dem Versuch noch etwas Zeit vorsehen, um den Blick vom spezifischen Versuch wieder für weitere Zusammenhänge zu öffnen. Sie können dies entweder durch einige Anmerkungen erreichen oder Sie lassen es Studierende selbst erarbeiten. Sie bitten Studierende beispielsweise, die wesentlichen Punkte zusammenzufassen.

Mögliche Themen sind:

  • Generalisieren, weiterdenken und thematisch „hinauszoomen“: weitere Zusammenhänge mit Vorlesungsinhalten, anderen Praktikumseinheiten, laufenden Forschungsprojekten oder Anwendungen außerhalb der Universität. Wenn Sie auf Zusammenhänge zur nächsten Einheit verweisen, können Sie neugierig machen, wie es weitergeht.
  • Lehr-/Lernziele: Auf welches konzeptuelle Verständnis oder welche Kompetenzen der Studierenden hat die heutige Einheit abgezielt?
  • Ergebnisse vergleichen und diskutieren: Wie stark differieren die Ergebnisse unter den Kleingruppen?

Wenn Sie sich nicht sicher sind, auf welche Weise Studierende die Inhalte der Einheit verstanden haben oder beherrschen, können Sie als Erhebungsinstrument das sog. One-Minute-Paper einsetzen. Dabei reagieren alle Studierenden schriftlich in aller Kürze (1 Minute) auf eine von Ihnen gestellte Frage. Oft verwenden Lehrende hier folgende Frage: „Was war für Sie der schwierigste oder verwirrendste Teil des heutigen Praktikums?“ Die Zettel mit den kurzen Ausführungen der Studierenden werden anonym eingesammelt, sodass sie die Lehrperson im Anschluss lesen kann.[2]

Weiterlesen

Laborpraktika (3): Lernen anregen: Worauf kommt es an?

Quellen

[1] Gastel, Barbara. Teaching Science: A Guide for Professional School Instructors, Phoenix: Oryx Press, 1991; hier: S. 83.

[2] Für weitere Anregungen zur Umsetzung von One-Minute-Papers siehe das Kurzinterview mit Sebastian Walzik: "Was lernen die Studierenden in meiner Lehrveranstaltung wirklich? Lernerfolgskontrollen formativ einsetzen".

Empfohlene Zitierweise

Buchberger, Sonja: Naturwissenschaftliche Laborpraktika leiten und betreuen (2). Während der Praktikumseinheit. Infopool besser lehren. Center for Teaching and Learning, Universität Wien, September 2019. [https://infopool.univie.ac.at/startseite/lv-typen-disziplinen/naturwissenschaftliche-laborpraktika-leiten-und-betreuen/2-waehrend-der-praktikumseinheit/]