Naturwissenschaftliche Laborpraktika leiten und betreuen (6)

Sonja Buchberger

September 2019

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Gruppenarbeit in Laborpraktika

In Praktika werden Übungen oft in Kleingruppen umgesetzt. Experimente sind für Gruppenarbeiten geeignet, weil sie ein hohes Maß an Zusammenarbeit erfordern und gleichzeitig allen Beteiligten einen klar definierten Zuständigkeitsbereich geben. Neben praktischen Gründen für den Einsatz von Kleingruppen (limitierte Laborplätze), sind Gruppenarbeiten didaktisch wichtig. Gerade in den MINT-Fächern ist das Lernen im Kleingruppensetting gut beforscht und hat sich als besonders effektiv erwiesen.[1]

In Gruppenarbeiten trainieren Studierende soziale Kompetenzen, wovon sie in ihrer späteren beruflichen Tätigkeit im Labor profitieren können. Je nach Gruppenzusammensetzung können langsamere Studierende von schnelleren im Rahmen der Kooperation lernen. Durch die systematisch eingeforderte Kommunikation zwischen Studierenden schon zu Beginn eines Praktikums kann ein Klima entstehen, in dem sie generell eher miteinander in Kontakt kommen, was fachliche Fragen anbelangt. Gerade für nicht-traditionelle Studierende kann Zusammenarbeit und das daraus entstehende Gefühl von Zusammengehörigkeit wichtig sein und Studienabbrüchen entgegenwirken.[2]

Ein Risiko bei Kleingruppen ist ungleiche Beteiligung der Mitglieder. Ein Erfolgsfaktor sind daher oft individuelle Verantwortlichkeiten, die eine klare Strukturierung der Aufgabenstellung voraussetzen: Wer macht was? Wie wirken die Zuständigkeiten der einzelnen Studierenden zusammen? Ungleiche Beteiligung kann unterschiedliche Formen annehmen: Eine Person bereitet sich mehr vor als andere, die sich auf die Vorarbeit dieser Person verlassen. Immer dieselben führen Versuche durch und andere sind für die Dokumentation zuständig. Manchmal macht sich hier auch genderstereotypes Verhalten bemerkbar, wenn sich vor allem Studentinnen für das Protokoll zuständig erklären und Männer experimentieren. Da jedoch alle Studierenden alle Lehr-/Lernziele erlernen sollen, ist eine Rotation der Zuständigkeiten wichtig. Lehrende benötigen hier eine gewisse Beobachtungsgabe und den Mut, in die Gruppenbildung und die gruppeninterne Arbeitsteilung einzugreifen.

Ein Beispiel einer strukturierten Vorgehensweise ist das sog. Lab Roulette, bei dem alle Aufgaben innerhalb einer Kleingruppe zugeteilt werden und bei Folgeexperimenten rotieren. So trainieren alle Studierenden diverse im Labor benötigte Kompetenzen. Rollenbeispiele im Laborsetting sind: Sicherheit und Equipment, Versuchsdurchführung, Versuchsdokumentation, Assistent/in (Kommunikation mit den Lehrenden und Springer). Erklären Sie dabei in der ersten LV-Einheit die Bedeutung der einzelnen Verantwortlichkeiten, damit beispielsweise das Verständnis für die Notwendigkeit geeigneter Dokumentation geschärft wird. Die Zuständigkeiten sollen im Versuchsprotokoll erwähnt werden.

Durch eine kombinierte Berücksichtigung von Einzel- und Gruppenleistung wird eine faire und differenzierte Beurteilung möglich.[3] Machen Sie den Studierenden gegenüber transparent, wie Sie die Einzelleistungen im Verhältnis zur Gruppenleistung gewichten.

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Laborpraktika (7): Blended Learning & digitale Kompetenzen

Quellen

[1] Kyndt, Eva, Elisabeth Raes, Bart Lismont, Fran Timmers, Eduardo Cascallar, und Filip Dochy. „A meta-analysis of the effects of face-to-face cooperative learning. Do recent studies falsify or verify earlier findings?“ Educational Research Review 10 (2013): 133-149; Ruiz-Primo, Maria A., Derek Briggs, Heidi Iverson, Robert Talbot, und Lorrie A. Shepard. „Impact of undergraduate science course innovations on learning“. Science 331, Nr. 6022 (2011): 1269-1270.

[2] Coppola, B.P. (2011). „Laboratory Instruction: Ensuring an Active Learning Experience”. In McKeachie’s Teaching Tips: Strategies, research and theory for college and university teachers. , herausgegeben von Marilla D. Svinicki, und Wilbert J. McKeachie, 13. Auflage, Belmont, CA: Wadsworth Cengage Learning, 280-289.

[3] Hilger, Annett, Thorben Lübbert, Igor Pretzer, Jessica Reinartz, Julia Theißen, und Michael Schneider. „Seminar“. In Gute Hochschullehre: Eine evidenzbasierte Orientierungshilfe, 39-62. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag, 2015; hier: S. 41-43.

Empfohlene Zitierweise

Buchberger, Sonja: Naturwissenschaftliche Laborpraktika leiten und betreuen (6). Gruppenarbeit in Laborpraktika. Infopool besser lehren. Center for Teaching and Learning, Universität Wien, September 2019. [https://infopool.univie.ac.at/startseite/lv-typen-disziplinen/naturwissenschaftliche-laborpraktika-leiten-und-betreuen/6-gruppenarbeit/]

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